Informationen für Patienten:innen

Was ist Psychotherapie?

Wörtlich übersetzt bedeutet Psychotherapie „Behandlung der Seele“. Psychotherapie ist ein wechselseitiger Prozess zur Veränderung von inneren Leidenszuständen. Psychotherapie bietet Hilfe bei Störungen des Denkens, Fühlens, Erlebens und Handelns. Im Gegensatz zum sogenannten Coaching oder einer Beratung wird bei einer Psychotherapie eine psychische oder psychosomatische Erkrankung behandelt.

Was wird behandelt?

Zu den behandelten Erkrankungen gehören u.a. Depressionen, Ängste, Essstörungen, Zwänge, Persönlichkeitserkrankungen, Traumafolgestörungen, sexuelle Störungen, Schmerzstörungen oder psychosomatische Erkrankungen. Psychotherapie wird auch begleitend bei der Behandlung körperlicher Erkrankungen eingesetzt (z.B. Tumor- oder Herz-Kreislauferkrankungen).

In der EU sind jedes Jahr etwa 27 Millionen (15%, WHO Stand 2015) der erwachsenen Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen. Das Risiko, im Verlauf des Lebens an einer psychischen Störung zu erkranken liegt bei über 50%. Jede:r Zweite ist betroffen. Ausmaß und Folgen sind allerdings sehr unterschiedlich.

Zentrales Mittel in einer Psychotherapie sind Gespräche. Daneben werden auch andere Therapiemethoden genutzt, wie z.B. Achtsamkeits- und Entspannungsübungen oder Körpertechniken. Psychotherapie ist auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel gerichtet und zeitlich begrenzt.

Die formalen Rahmenbedingungen einer ambulanten Psychotherapie

Die Psychotherapeutische Sprechstunde für gesetzlich Versicherte

Vor einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung ist eine psychotherapeutische Sprechstunde Pflicht. Ausnahmen gelten für Patient:innen, die während einer laufenden Psychotherapie wechseln möchten oder aus einer stationären Krankenhausbehandlung bzw. rehabilitativen Behandlung kommen. Die Psychotherapeutische Sprechstunde ist ein Angebot für Versicherte bei Gesetzlichen Krankenversicherungen. In der Sprechstunde soll die Frage beantwortet werden, ob eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vorliegt. Daraus ergeben sich verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, z.B.:

Liegt zum Zeitpunkt der Sprechstunde keine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vor, werden i.d.R. alternative Behandlungswege wie Familien-, Sucht- und/oder  Erziehungsberatungsstellen, Präventionsangebote oder Selbsthilfegruppen aufgezeigt. Am Ende der Sprechstunde erhält die/der Patient:in die „individuelle Patient:inneninformation zur ambulanten psychotherapeutischen Sprechstunde“, eine Zusammenfassung des Besprochenen, welche auch an die/den Hausarzt:in übermittelt werden kann. Zusätzlich erhalten Patient:innen eine allgemeine Patient:inneninformation („Ambulante Psychotherapie in der gesetzlichen Krankenversicherung“), diese informiert über den Anspruch gesetzlich Versicherter auf eine Psychotherapie, zu den zugelassenen Psychotherapieverfahren und zum Antragsverfahren. Die Psychotherapeutische Sprechstunde stellt noch keine Psychotherapie im eigentlichen Sinn dar, sondern ist eine erste Beratung mit Empfehlungen. Ein Anspruch auf einen Therapieplatz ergibt sich im Anschluss an die Sprechstunde nicht.

Die Akuttherapie

Die Akutbehandlung soll zur Besserung akuter psychischer Krisen beitragen. Patient:innen, für die eine Akutbehandlung nicht ausreicht, sollen so stabilisiert werden, dass sie auf eine Psychotherapie vorbereitet sind oder ihnen andere ambulante, teil- oder vollstationäre Maßnahmen empfohlen werden können.

Probatorische Sitzungen
Vor einer Kurz- oder Langzeittherapie finden mindestens zwei probatorische Sitzungen statt – möglich sind bis zu vier bei Erwachsenen und bis zu sechs bei Kindern und Jugendlichen, in denen die Patient:innen den/die Therapeut:in kennenlernen. Sollten die Beteiligten den Eindruck haben, dass sie gut miteinander arbeiten können, muss bei gesetzlich Versicherten die geplante Therapie bei der Krankenkasse beantragt werden. Dazu müssen Patient:innen ihren Hausarzt:in oder Psychiater:in aufsuchen, damit diese/dieser einen sogenannten Konsiliarbericht verfasst. Hinzu kommt die Erstellung eines anonymisierten Berichts durch die/den Therapeut:in bei einer Langzeittherapie, der in einem verschlossenen Umschlag über die Krankenversicherung an eine/einen Gutachter:in weitergeleitet wird.
Kurz- und Langzeittherapie (Richtlinienpsychotherapie)
Nach der Bewilligung durch die Krankenkasse beginnt die Richtlinienpsychotherapie. Kurzzeittherapien umfassen bis zu 24 Therapieeinheiten. Das Kontingent einer Langzeittherapie ist abhängig vom jeweiligen Psychotherapieverfahren. Jede Sitzung dauert in der Regel bis zu 50 Minuten.
Gruppenpsychotherapie
Die Gruppenpsychotherapie ist ein psychotherapeutisches Angebot in der Gruppe für Patient:innen. Sie kann unabhängig von einer Einzeltherapie durchgeführt werden oder ergänzend zu einer ambulanten Einzelpsychotherapie dienen. Die Beantragung verläuft ähnlich wie oben beschrieben.
Kostenerstattung
Wenn Sie gesetzlich versichert sich, übernimmt Ihre Krankenkasse die Kosten für Psychotherapie bei allen von der Kassenärztlichen Vereinigung niedergelassenen approbierten Psychotherapeut:innen. Unter bestimmten Bedingungen werden die Kosten für Psychotherapie bei approbierten Psychotherapeut:innen ohne Kassenärztliche Zulassung erstatttet. Ihre Krankenkasse übernimmt die Kosten in solchen Fällen jedoch nur, wenn sie diesem Vorgehen vor Therapiebeginn schriftlich zugestimmt hat.

Die formalen Rahmen­bedingungen einer ambulanten Psycho­therapie außerhalb der gesetzlichen Kranken­versicherung

Für Therapiesuchende, die nicht gesetzlich versichert sind (Privatversicherte, Beihilfe, Polizei, freie Heilfürsorge und Selbstzahler:innen) sind die Regelungen nicht einheitlich und sollten daher bei der jeweiligen Versicherung erfragt werden.

Welche Psychotherapie­verfahren gibt es?
Zur Zeit sind vier psychotherapeutische Therapieverfahren wissenschaftlich anerkannt und werden von den Krankenkassen übernommen:
Berufsgruppen in der Behandlung psychischer Störungen

FAQ - Häufige gestellte Fragen

Zur Zeit sind vier psychotherapeutische Therapieverfahren wissenschaftlich anerkannt und werden von den Krankenkassen übernommen:

    • Analytische Psychotherapie: Diese Therapie geht auf Sigmund Freud zurück, basiert auf einer Theorie des normalen und pathologischen Verhaltens und ist die älteste Form der Psychotherapie. In der Regel finden bei dieser Therapieart 2-3 Sitzungen pro Woche statt, oftmals/in der Regel im Liegen.

 

    • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie: Diese Psychotherapieform hat sich aus der psychoanalytischen Therapie entwickelt und konzentriert sich meist auf ein zentrales Thema. Hier wird im Sitzen gearbeitet und es findet meist 1 Sitzung pro Woche statt.

 

    • Verhaltenstherapie: Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass Menschen ihr Verhalten und Erleben durch Erfahrungen im Laufe ihres Lebens erlernen. Die Verhaltenstherapie ist eine gedanken- und handlungsorientierte, problembezogene Therapieform. Auch hier wird im Sitzen gearbeitet und es findet ebenfalls meist 1 Sitzung pro Woche statt.

 

Hinzu kommen verschiedene Methoden, die in die jeweilige Rahmenbehandlung eingepflegt werden können (z.B. EMDR oder Katathymes Bildererleben)

Um heilkundliche Psychotherapie ausüben zu dürfen, ist der Titel „Ärztlicher/Psychologischer Psychotherapeut“ vonnöten. Um diesen zu erhalten, ist ein abgeschlossenes Studium der Medizin bzw. Psychologie und eine Weiterbildung von 3-5 Jahren, sowie eine Approbation (staatliche Zulassung) gesetzlich vorgeschrieben. Als “Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut” werden Therapeuten tätig, die ein pädagogisch fundiertes oder eines der oben genannten Studienfächer absolviert und ebenfalls eine Weiterbildung abgeschlossen haben.

  • Psychiater behandeln psychische Störungen fachärztlich von der körperlichen Seite her, meist durch Verordnung von Psychopharmaka. Um psychotherapeutisch tätig zu sein, muss auch er eine Weiterbildung zum Psychotherapeuten absolviert haben.
  • Diplom-Psychologen haben das Studium der Psychologie beendet, haben jedoch keine Weiterbildung zur heilkundlichen Psychotherapie und somit keine Approbation.
  • Heilpraktiker haben eine vom Gesundheitsamt verliehene Erlaubnis zur Psychotherapie, die jedoch wenig über die zugrundeliegende Ausbildung aussagt.